Montag, Dezember 11, 2006

Moderne Bewerbung

Vielleicht sollte ich mir wieder Arbeit suchen -
ich könnte ein paar Belege buchen,
dann hätte ich wieder ein berechtigtes Leben,
würde offiziell nach einem Aufstieg streben,
heimlich hoffend, ich bleibe klein,
ich will doch nicht verantwortlich sein.

Ich betrüge die Firma im Kleinen um Spesen
und merkt einer was, ist's ein anderer gewesen.
Ich rede mich nicht um Kopf und Kragen,
ich würde mehr lügen und weniger sagen.

Mein Haupt wird nicht rollen, aber andere schon,
wer fristlos fortgeht, erntet meinen Hohn,
mein Zeigefinger wär nackt und direkt,
bevor einer an mir einen Fehler entdeckt.

Ich werde die Tage bis zum Urlaub zählen
und manchmal ein paar Stifte stehlen.
mich gemütlich mit der Ablage befassen,
und wie früher die Kollegin hassen,
den Herren in den Kaffee spucken,
ohne beim Servieren mit der Wimper zu zucken,

Das Diensttelefon würde ich häufigst missbrauchen,
und sollte einer von den Kollegen rauchen,
so knalle ich die Ordner in den Schrank
und mache am nächsten Tag einfach krank.

Ich wüsste genau um all meine Rechte
und freue mich schon auf jene Gefechte,
die ein Arbeitsleben mit sich bringt,
ich bin die, die beim Chef laut singt.

So dreist würde ich durch die Woche kommen,
und stündlich wird eine Auszeit genommen
bei Gleichgesinnten im Nachbarbüro,
oder mit Vertrauten auf dem Damenklo.

Von meiner Sorte gibt es nämlich sehr viele,
was interessieren mich die Firmenziele,
was jucken mich geplatzte Verträge,
solange ich an den Stühlen säge
und fett auf meinem eigenen sitze;
über die Schwachen reiße ich gerne Witze.

Das ist mithin ganz wirkungsvoll,
lenkt ab von meinem Arbeitssoll,
was ich nicht immer ganz erreiche,
womit ich sicher vielen gleiche.

So stellen Sie mich ruhig ein,
was soll denn schon passieren,
ein anderes Kollegenschwein
wird Sie sonst ruinieren.

31.08.2006