Mittwoch, Dezember 20, 2006

In eigener Sache

"Ich" bin nicht immer ich,
auch wenn ich oft so schreibe,
dann steht dort "ich" und "trüb" und "grau",
auch wenn ich's bunter treibe.

Ich denke mich in andere Menschen,
so werde ich zum "Ich",
wer mich kennt, der unterscheidet
zwischen mir und "mich".

Natürlich bin ich auch "Ich" selbst,
doch nicht in jedem Fall,
man trifft mich zwar sehr häufig an,
jedoch nicht überall.

Mit einem "Du" mein ich nicht dich,
das ist mehr allgemein,
fühlst du dich angesprochen,
dann soll es wohl so sein.

20.12.2006

Dienstag, Dezember 19, 2006

Streicheleinheiten

Streichel meine Seele
und bürste mir das Haar,
sei einfach still und leise
und manchmal für mich da.

Nimm alle Schwere von mir
und spiel mit meiner Hand,
setz mich vor's offene Fenster,
und nicht vor eine Wand.

Berühre meine Schulter
und gib die Richtung vor;
ich brauche hin und wieder
einen Kuss auf’s Ohr.

Mehr ist nicht, was ich von dir will,
doch du scheinst Angst zu haben -
vielleicht siehst du ja auch durch mich
des Lebens andere Farben.

19.12.2006

Freitag, Dezember 15, 2006

Der Haufen

Ihr seid und bleibt ein trüber Haufen,
könnt' nur shoppen und Marken kaufen,
seid fassaden-, doch nicht facettenreich,
auf Dauer seid ihr egal und gleich.

Einen Witz auf eure Kosten könnt' ihr nicht verkraften,
schwer beleidigt bleibt er an euch haften,
seid als Team auf ewig eingespielt,
doch jeder Tiefschlag eurerseits kommt gezielt.

Zu lange seid ihr unter euch gewesen,
in Freundschaft verrechnet ihr noch Spesen,
habt Angst, ihr könntet zu viel geben,
so sieht es aus, euer armes armes Leben.

Steckt voller Angst, es könnte sich was ändern,
und schielt verkappt zu anderen Tellerrändern,
versteckt den Neid hinter Anstand und Distanz,
und gönnt keinem von euch etwas fremden Glanz.

Ihr lasst nicht zu, dass man in diesen Kreis einbricht,
es ist, wie es ist, was anderes wollt ihr nicht.
Euer Kreis bleibt geschlossen, gerade so, als wäre
es eure eigene unbegreifliche Mengenlehre.

17.05.2006

Wir wollen Sie nicht ...

Jede Nacht, wenn der Geschäftsführer spricht:
"Sie wissen ja, wir wollen Sie nicht",
dann träume ich leider weiter
von der Firma samt Ihrem Leiter.

Man hat mir gekündigt, ohne einen Grund,
seitdem fühlt meine Seele sich ungesund,
und ich wage nicht, nach Gründen zu fragen.
"Wir wollen Sie nicht", wird er mir nur sagen.

"Sie können das nicht", damit käme ich klar,
aber leider wäre das ja nicht wahr.
Die Wahrheit ist, man will mich nicht,
ein Scheffel steht auf meinem Licht.

Das ist die Quittung für's Kinder kriegen,
vielleicht würde ich vor Gericht sogar siegen.
Die Ablehnung hat mich lange gelähmt,
und ich habe mich auch ein wenig geschämt.

Der Geschäftsführer ahnt nicht, was er an mir tat,
ich habe vorerst Haltung bewahrt,
doch höre ich noch, wie er zu mir spricht,
und nicht nur im Traum: "Wir wollen Sie nicht".
29.11.2006

Mittwoch, Dezember 13, 2006

Vom duzen und dirzen

Nie würden wir es wagen,
einfach "Du" zu uns zu sagen,
Wir sind gerne höflich und distanziert,
ganz gleich, was zwischen uns passiert.

Das "Sie" ist Ihnen ins Gesicht geschrieben,
und sollten wir uns trotzdem lieben,
so lassen wir es dabei bleiben,
beim "Sie" natürlich, nicht beim Schreiben.

Ich liebe "Sie" und "Ihnen",
ich werde mich weiter bedienen
an dieser Anrede voller Respekt,
die Höflichkeit hat Blut geleckt.

Ein "Sie" ist manchmal Teil des Spiels,
Sie fingen an, und mir gefiel's.
Vertraulichkeiten der plumpen Art
bleiben mir bei Ihnen erspart.

Ich möchte an den Zauber glauben,
ein "Dein" werde ich Ihnen nicht erlauben.
Sie dürfen mich gerne bezirzen,
doch niemals duzen und dirzen

23.11.2006

Montag, Dezember 11, 2006

Stubenrein

Der Hund muss weg -
er macht nur Dreck.
Bei Regen will er Gassi gehen
und pünktlich seine Runden drehen,
und doch löst er sich immer wieder
und macht auf unseren Teppich nieder.

Wir werden ihn, nicht zu verdenken,
in gute Hände nur, verschenken.
Sicher kommen dann auch Fragen:
Ist Bello denn schon stubenrein?
Und dann werd' ich leise sagen:
Nun, er macht in Stuben rein ...

Der Photograph

Zu oft war ich der Photograph,
der allerhand Motive traf.
War stets dabei, doch selten mittendrin,
für später festzuhalten machte Sinn.
Doch den Moment erleben, als Ganzes zu betrachten,
war möglich nur für die, die keine Photos machten.

Und wenn ich jetzt die alten Bilder sehe,
dann ist es so, dass ich sie nicht verstehe.
Dann ist es so, als wär’ ich nicht dabei gewesen,
als sollte ich jetzt plötzlich etwas lesen
in einer fremden Schrift.

Ich werde niemals sagen können:
Ich erinnere mich genau.
Ich weiß wohl, ich war da,
doch nur als blinder Mensch
hinter der Kamera.

Moderne Bewerbung

Vielleicht sollte ich mir wieder Arbeit suchen -
ich könnte ein paar Belege buchen,
dann hätte ich wieder ein berechtigtes Leben,
würde offiziell nach einem Aufstieg streben,
heimlich hoffend, ich bleibe klein,
ich will doch nicht verantwortlich sein.

Ich betrüge die Firma im Kleinen um Spesen
und merkt einer was, ist's ein anderer gewesen.
Ich rede mich nicht um Kopf und Kragen,
ich würde mehr lügen und weniger sagen.

Mein Haupt wird nicht rollen, aber andere schon,
wer fristlos fortgeht, erntet meinen Hohn,
mein Zeigefinger wär nackt und direkt,
bevor einer an mir einen Fehler entdeckt.

Ich werde die Tage bis zum Urlaub zählen
und manchmal ein paar Stifte stehlen.
mich gemütlich mit der Ablage befassen,
und wie früher die Kollegin hassen,
den Herren in den Kaffee spucken,
ohne beim Servieren mit der Wimper zu zucken,

Das Diensttelefon würde ich häufigst missbrauchen,
und sollte einer von den Kollegen rauchen,
so knalle ich die Ordner in den Schrank
und mache am nächsten Tag einfach krank.

Ich wüsste genau um all meine Rechte
und freue mich schon auf jene Gefechte,
die ein Arbeitsleben mit sich bringt,
ich bin die, die beim Chef laut singt.

So dreist würde ich durch die Woche kommen,
und stündlich wird eine Auszeit genommen
bei Gleichgesinnten im Nachbarbüro,
oder mit Vertrauten auf dem Damenklo.

Von meiner Sorte gibt es nämlich sehr viele,
was interessieren mich die Firmenziele,
was jucken mich geplatzte Verträge,
solange ich an den Stühlen säge
und fett auf meinem eigenen sitze;
über die Schwachen reiße ich gerne Witze.

Das ist mithin ganz wirkungsvoll,
lenkt ab von meinem Arbeitssoll,
was ich nicht immer ganz erreiche,
womit ich sicher vielen gleiche.

So stellen Sie mich ruhig ein,
was soll denn schon passieren,
ein anderes Kollegenschwein
wird Sie sonst ruinieren.

31.08.2006

Sonntag, Dezember 10, 2006

Fundgrube

Was soll eigentlich eine Fundgrube sein?
Wo kann ich so etwas finden?
Oder fällt man irgendwann einfach herein?
Das wäre ein böses Verschwinden.

Werde ich dann gefunden?
In einer Grube - ortsgebunden!

Eine Fallgrube, in der man steckt,
eine Sofaritze in der guten Stube,
wo man plötzlich etwas wieder entdeckt,
ist das die berühmte Grube?

Ich fand ein Haus mit Etagenklo,
dort kann ich ein Büro betreiben.
Ist das denn nun ein Fundbüro?
Ich lasse solch' Fragen bleiben.

25.08.2006

Seit letztem März ...

Seit letztem März
schmerzt mir mein Herz.
Das Frühjahr kam, die Liebe ging,
und weil mein Herz noch daran hing,
wurde mit Gewalt entzweit,
das tut so weh und macht mir Leid.

Das Frühjahr ging, der Schmerz, er blieb,
ich habe dich noch immer lieb.

19.09.2006

Unsere Stadt

Wer verbaut uns unsere Stadt?
Jeder, der ein Grundstück hat!
Charmante Häuser müssen weichen,
da liegen sie, die Altbauleichen,
die einst so liebevoll erbaut.

Das Schöne stirbt nun mal nicht laut,
nein, leise leise und fast still,
entsteht, was niemand sehen will.
So groß wie möglich wird errichtet,
als wäre man dazu verpflichtet,
um jeden Preis, zu jedem Preise
baut man nur noch großbauweise.

Die alten Häuser in der Stadt,
all das, was noch Charakter hat,
noch eine Spur Gemütlichkeit,
noch einen Hauch von früher Zeit,
das scheint hier nicht mehr lohnenswert,
umsonst bemüht, wer sich beschwert.

Da lebt nun unser Bürgermeister,
wiesig wohnt er, und so heißt er,
unverbaut und hellerbest,
was interessiert der Bürgerrest,
der voller Ohnmacht, voller Grauen
nicht weiß, worauf wird er wohl schauen,
und ob in einem halben Jahr
das kleine Knusperhaus noch da,
umgeben von den alten Bäumen -
die Stadt braucht keinen Platz zum Träumen.

Städteplanung hin und her,
des Maklers Einfluss wirkt oft schwer,
ein Baurecht wird neu ausgesprochen,
so wird halt mit Erlaub verbrochen,
was klipp und klar gehört verboten -
die Nachbarn sind zu Idioten,
degradiert und ohne Stimme,
das ist an dieser Stadt das Schlimme.

26.11.2006